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Bern

Luzerner Ex-Grossrat zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt

Ein hochverschuldeter Reitstallbetreiber ist am Freitag in Bern wegen gewerbsmässigen Betrugs und Urkundenfälschung zu einer Freiheitsstrafe von 42 Monaten verurteilt worden. Der Mann gaukelte seinen Geldgebern Kreditwürdigkeit vor, obschon er tief im Schuldensumpf steckte.

Das bernische Wirtschaftsstrafgericht sah es als erwiesen an, dass der wortgewandte ehemalige Luzerner CVP-Kantonsrat seine privaten Geldgeber bewusst und arglistig täuschte.

Der Reitstallbetreiber lebte lange im Luzerner Hinterland, wo er auch politisch tätig war, dann zog er ins Solothurnische und später in die Ostschweiz. Zuletzt war er im thurgauischen Mattwil tätig.

Überall pumpte er sich Geld zusammen und versprach seinen Geldgebern kurze Rückzahlfristen und teilweise astronomische Zinsen. Ihr Geld haben die wenigsten Gläubiger je wieder gesehen. Die Opfer stammen aus diversen Kantonen, darunter auch Bern.

Kein Kies

Um an Geld zu kommen, tischte der Angeklagte seinen Opfern stets die gleiche Familiengeschichte auf. Von seinem kürzlich verstorbenen Vater erwarte er ein grössere Erbschaft sowie Einkünfte aus Kiesabbau. Derzeit stecke er grade finanziell etwas in der Klemme und brauche eine finanzielle Überbrückung, bis die Erbsache geregelt sei.

Zum Beweis legte er teilweise auch ein von ihm gefälschtes Schreiben der Gemeinde Luthern vor, das diesen Sachverhalt zu bestätigen schien ( Artikel vom 16. Oktober » ). Was der vorbestrafte Mann seinen Opfern aber verschwieg: Die Erbschaft des Vaters war überschuldet und stichfeste Belege für Einkünfte aus einem Kiesgeschäft gab es keine.

Selbst vor Gericht sprach der Mann von einem Vertrag, der ihm dereinst ganz sicher Einkünfte aus dem Kiesgeschäft bringen werde. Beibringen konnte er das Dokument während der rund einwöchigen Gerichtsverhandlungen aber nicht.

Eigene Wahrheit

Um an Geld zu kommen, "können Sie sich nicht einfach ihre eigene Wahrheit zusammenschustern", wandte sich Gerichtspräsidentin Barbara Lips an den Angeschuldigten. Sie warf dem Mann vor, seine Wünsche und Bedürfnisse über jene seiner Opfer gestellt zu haben. An die Folgen für die Geprellten habe er keinen Gedanken verschwendet.

Der Mann habe bewusst Opfer gesucht, die ihm vertrauten: langjährige Bekannte, Parteifreunde, einfache Handwerker oder Unternehmer von altem Schrot und Korn, bei denen der Handschlag eines Ehrenmannes noch etwas galt.

"Einem ehemaligen Kantonsrat sollte man doch trauen können", brachte es einer der Geschädigten, ein Handwerker aus dem Luzerner Hinterland, vor Gericht in Bern auf den Punkt.

Ein Schauspieler

Seit 2011 ging der Angeklagte zahlreiche Bekannte und Geschäftsfreunde um Geld an. Insgesamt 29 Fälle wurden zur Anklage gebracht. Die Kredite brauche er für seinen Reitbetrieb, gab der Angeklagte jeweils an. Der jovial und selbstsicher auftretende Mann "wusste, welche Knöpfe er bei welchen Menschen drücken muss", charakterisierte ihn Staatsanwalt Beat Schnell.

"An dem ist ein Schauspieler verloren gegangen", charakterisierte einer der Geprellten den säumigen Schuldner. "Der konnte reden wie ein Pfarrer", beschrieb ihn ein anderer.

Keine Nachforschungen

Der Staatsanwalt hatte eine Freiheitsstrafe von 47 Monaten verlangt. Die Verteidigung forderte eine nicht näher spezifizierte, aber deutlich mildere Strafe. Mangels Arglist falle schliesslich der Hauptanklagepunkt des Betrugs weg.

Sein Mandant habe niemanden mit Arglist getäuscht, betonte der Verteidiger. Vielmehr hätten es die Gläubiger an Mitverantwortung fehlen lassen. "Niemand, aber wirklich niemand" habe irgendwelche Abklärungen getätigt.

Eine Überprüfung der Angaben des Angeklagten bei Behörden wäre laut Gericht aber nicht einfach gewesen, etwa aus Datenschutzgründen, wie die Gerichtspräsidentin am Freitag ausführte.

Mit seinem Urteil liegt das bernische Wirtschaftsstrafgericht recht nahe an den Forderungen des Staatsanwalts. Dieser sah auf Anfrage keinen Anlass, in Berufung zu gehen. Ob der Verurteilte den Fall weiterzieht, ist noch offen, wie sein amtliche Verteidiger, Hermann Lei, am Freitag sagte.

(sda)