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Digitalisierung

Nur wenige Firmen erwarten Revolution

Trotz des lautstarken Chors jener, die prophezeien, dass durch die Digitalisierung kein Stein auf dem anderen bleiben wird, zeigen sich Schweizer Unternehmer gelassen.
Unternehmen sehen sich durch die Digitalisierung kaum unter Druck - aus welchen Gründen lässt sich allerdings nicht erklären. (Symbol)
Bild: KEYSTONE/CHRISTIAN BEUTLER

Rund 60 Prozent der Firmen erwartet keine oder nur geringe Veränderungen für ihr Geschäftsmodell durch die Digitalisierung.

12 Prozent der Firmen hätten gar angegeben, von der Digitalisierung nicht betroffen zu sein, hiess es in einer Umfrage der UBS bei 2500 Unternehmen. "Die Frage ist, ob die noch schlafen oder ob die recht haben", sagte UBS-Schweiz-Chefökonom, Daniel Kalt, am Donnerstag bei der Vorstellung der Studie vor den Medien in Zürich.

Lediglich 6 Prozent der Firmen gingen von fundamentalen Veränderungen ihres Geschäftsmodells aus. Für 35 Prozent der Unternehmen dürfte die Digitalisierung grössere Anpassungen mit sich bringen, hiess es weiter.

Am stärksten fühlen sich der öffentliche Sektor, die Finanzdienstleister sowie die Logistikbranche betroffen. Auch Medien stünden vor grossen Herausforderungen, hiess es. Auf der anderen Seite rechnen Baufirmen, Immobiliengesellschaften und Unternehmensdienstleister oder die Kulturbranche mit den geringsten Veränderungen durch die Digitalisierung.

Überraschende Ergebnisse

"Wir fanden die Umfrageergebnisse auch überraschend. Wir kennen die Gründe dafür nicht", sagte UBS-Schweiz-Chef Martin Blessing. "Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder die haben es noch nicht gemerkt oder die Digitalisierung findet einen Tick langsamer statt als man glaubt." Also Evolution statt Revolution. Denn Verhaltensänderungen von Menschen bräuchten Zeit.

Auch die Angst vor dem grossen Jobkiller Digitalisierung beschwichtigte Kalt. Denn gleichzeitig finde die Alterung der Bevölkerung statt. Wenn die geburtenstarken Jahrgänge der heute 48- bis 53-Jährigen in Rente gingen, würden pro Jahr 50'000 Leute mehr aus der Arbeitswelt ausscheiden, als Junge eintreten würden.

"Ich kann mir gut vorstellen, dass die Digitalisierung gar nicht so viele Jobs vernichten wird, wie Leute in Rente gehen werden", sagte Kalt. Darauf deute der amerikanische Detailhandel hin. Dort seien in den vergangenen zehn Jahren 400'000 neue Arbeitsplätze im Onlinehandel und in der Logistik entstanden, aber nur 140'000 Stellen in den traditionellen Läden verschwunden.

Hartnäckige Gewohnheiten

Für die Bankbranche rechnet Blessing mit einem Rückgang der Beschäftigung in den nächsten zehn Jahren. "Wie viele Mitarbeiter wir in den Filialen haben werden, hängt aber davon ab, wie die Kunden ihr Verhalten ändern werden."

Als Beispiel für die Hartnäckigkeit von Gewohnheiten nannte Blessing die Multifunktionsbancomaten. Es gebe viele Leute, die auf den Geräten Überweisungen eintippen würden. Das könnten sie auch zu Hause auf einem Tablet oder Handy machen.

Er habe nie verstanden, warum jemand durch die Stadt laufe, um in einer Bankfiliale etwas zu tun, was er auch zu Hause machen könnte, sagte Blessing: "Aber so lange sich das rechnet und die Kunden bereit sind, dafür zu bezahlen, werden wir die Multifunktionsgeräte weiterhin anbieten." (sda)