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Malta

Mord an Journalistin sorgt für Entsetzen

Der Autobombenanschlag auf die maltesische Journalistin Daphne Caruana Galizia hat in Europa grosses Entsetzen ausgelöst. Politiker und Journalistenverbände verurteilten das Attentat am Dienstag scharf. Auch einen Tag nach der Tat waren die Hintergründe weiter unklar.
Nach dem Autobombenanschlag liegt das Wrack des Wagens von Daphne Caruana Galizia auf einem Feld. Die 53-jährige Investigativjournalistin prangerte in ihren Artikeln wiederholt Korruption auf der Mittelmeerinsel Malta an.
Bild: Keystone/AP/RENE ROSSIGNAUD

Die 53-jährige starb am Montag durch die Explosion eines an ihrem Wagen deponierten Sprengsatzes, kurz nachdem sie ihr Haus im Norden der Insel verlassen hatte. Die Leiche der Journalistin wurde Augenzeugenberichten zufolge auf ein nahegelegenes Feld geschleudert. Sie hinterlässt einen Ehemann und drei Söhne.

In der Nacht auf Dienstag versammelten sich auf Malta mehrere tausend Menschen zu Mahnwachen. Sie entzündeten Kerzen und legten Blumen und Beileidsbekundungen nieder.

Unbequeme Journalistin

Caruana Galizia war die bekannteste Investigativ-Journalistin Maltas und prangerte in ihren Artikeln wiederholt Korruption auf der Mittelmeerinsel an. Sie zielte dabei insbesondere auf die Regierung und löste mit immer neuen Enthüllungen im Frühling eine Krise aus, die zu einer Neuwahl führte.

Über die Grenzen Maltas hinaus erregte die dreifache Mutter Aufsehen mit der Enthüllung, eine in den "Panama Papers" erwähnte Firma gehöre Regierungschef Joseph Muscats Frau. Muscat hatte dies als Lüge bezeichnet.

Im Februar 2016 hatte sie veröffentlicht, was die "Panama Papers" später bestätigten: Dass Regierungsmitglieder in Panama ihre eigenen geheimen Firmen aufgezogen hatten.

"Jedem ist bewusst, dass Frau Caruana Galizia politisch und persönlich eine meiner schärfsten Kritiker war", sagte Muscat nach dem Attentat. Dies rechtfertige aber in keiner Weise die "barbarische Tat".

Sohn klagt Regierung an

In ihrem letzten Artikel, der gut eine halbe Stunde vor ihrem Tod online ging, schrieb sie erneut gegen die Machenschaften innerhalb der Regierung an: "Wo du auch hinschaust, überall sind Gauner. Die Lage ist hoffnungslos."

Der Sohn der 53-Jährigen, Matthew Caruana Galizia, machte der Regierung am Dienstag in Valletta denn auch schwere Vorwürfe. Er ist überzeugt, dass seine Mutter umgebracht wurde, weil sie zwischen dem Gesetz und denjenigen stand, die es immer wieder brachen.

Die Regierung habe zugelassen, dass eine "Kultur der Straffreiheit" auf Malta gedeihe, schrieb er auf Facebook. "Wären die Behörden bereits an der Arbeit, gäbe es keinen Mord, der aufgeklärt werden muss."

Unterdessen zog sich die Vorsitzende Richterin aus dem Mordfall zurück, nachdem die Familie der Journalistin ihr eine zu grosse Nähe zur Regierungspartei vorgeworfen hatte.

In "Maltas Dreck gewühlt"

Die EU-Kommission zeigte sich am Dienstag "entsetzt" über den "offensichtlich gezielten Angriff" auf die Journalistin. Sprecher Margaritis Schinas forderte Gerechtigkeit in dem Fall. "Wir setzen darauf, dass das geahndet wird."

"Eine Bombe für Daphne, die Reporterin, die in Maltas Dreck wühlte", schrieb die italienische Tageszeitung "La Repubblica". "Politico" hatte Caruana Galizia einmal als "Ein-Mann-Wikileaks" bezeichnet. Ihr sei nichts Skandalöses zu klein oder zu gross gewesen, um darüber auf ihrem Blog "Running Commentary" zu schreiben.

Caruana Galizia arbeitete auch an den "Malta Files" - vertrauliche Dokumente der maltesischen Finanzbehörde, die Steuerbetrug in grossem Stil von Unternehmen und Privatleuten offenlegen. Malta steht seit längerem in der Kritik, weil das Steuersystem Unternehmen einen Mini-Steuersatz ermöglicht.

Zu Geldwäscherei und Steuerhinterziehung sagte sie auch in einem Untersuchungsausschuss des Europaparlaments aus. EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani twitterte, der Fall sei ein tragisches Beispiel für eine Journalistin, die ihr Leben geopfert habe, um die Wahrheit ans Licht zu bringen. (sda/dpa/afp/reu)