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Altdorf

Missglückte Übernahme drückt Gewinn bei Dätwyler

Der Dätwyler-Konzern machte im vergangenen Jahr gute Fortschritte. Die gescheiterte Übernahme eines britischen Elektronikhändlers schmälert aber den Konzerngewinn um rund 40 Millionen Franken.
Dirk Lanbrecht, CEO der Dätwyler Holding AG, orientiert an der Medienkonferenz übe das vergangene Geschäftsjahr.
Bild: Bild: Keystone/Walter Bieri, Zürich, 7. Februar 2017

Rainer Rickenbach

rainer.rickenbach@luzernerzeitung.ch

Es war gestern die erste Bilanzmedienkonferenz mit dem neuen Dätwyler-Chef Dirk Lambrecht. Er hatte zu Jahresbeginn die Nachfolge von Paul Hälg angetreten. Die Zahlen, die Lambrecht im Zürcher Börsengebäude präsentierte, lassen sich sehen: Der Umsatz stieg im vergangenen Jahr um 4,3 Prozent auf 1,22 Milliarden Franken, der Betriebsgewinn legte um 16 Prozent auf 146,1 Millionen Franken zu.

Der Konzerngewinn des Herstellers von Gummidichtungen und Elektroteil-Händlers reiht sich indes nicht in die Reihe mit den Plus-Zahlen ein: Er sackte um 30 Prozent auf 57,6 Millionen Franken ab.

Brexit verhagelt Konzerngewinn

Ursache für den Gewinnabsturz auf Konzernebene ist die gescheiterte Übernahme des britischen Elektronikgrosshändlers Premier Farnell. Im Juni gab Dätwyler bekannt, den Konkurrenten für rund 1 Milliarde Franken zu erwerben, die Urner versprachen sich davon eine bessere Marktposition. Doch dann schnappte der US-Elektronikhandelskonzern Avnet das britische Unternehmen den Urnern vor der Nase weg, und schliesslich stürzte das britische Pfund nach der Brexit-Abstimmung ab. Dätwyler hatte zwar den geplanten Milliardenkauf gegen einen möglichen Kurszerfall abgesichert. Aber nicht gut genug: Rund 40 Millionen Franken Währungsverlust gingen auf Kosten des Schweizer Konzerns, diese Summe fehlt nun beim Konzerngewinn. Der Schock über das Scheitern des sicher geglaubten Zukaufs auf der britischen Insel wirkt noch immer nach. «Wir wurden auf dem falschen Fuss erwischt», sagte Lambrecht gestern. Trotzdem ist der Industriekonzern weiter auf der Suche nach Akquisitionsmöglichkeiten, denn nebst dem Wachstum aus eigener Kraft sollen auch Zukäufe beitragen, das ehrgeizige Umsatzziel von 2 Milliarden Franken im Jahre 2020 zu erreichen. «Unsere Akquisitionspipeline ist gut gefüllt», sagte Lambrecht. Mit dem eigentlichen Geschäftsverlauf ist der neue CEO zufrieden. Beide Unternehmensteile haben zur Umsatzsteigerung beigetragen. Im Bereich Sealing Solutions, der Dichtungen und Verschlüsse vor allem für die Auto- und Pharmaindustrie herstellt, sind die Verkäufe und der Betriebsgewinn um jeweils 7 Prozent gestiegen. Die Fokussierung auf margenträchtige Bauteile habe das möglich gemacht, erklärte Lambrecht, der zuvor diese Geschäftssparte geleitet hatte. Leicht zulegen konnte Dätwyler auch beim Vertrieb von Elektro- und Elektronikbauteilen. Zum ersten Mal seit mehreren Jahren gelang es, den Umsatz in dieser Sparte zu steigern. Auch dort trug die Konzentration auf Produkte mit höherer Gewinnspanne zur Ergebnisverbesserung bei.

In beiden Bereichen büsste Dätwyler indes Marktanteile ein, denn der Industriezulieferer wuchs weniger schnell als der Markt. Lambrecht: «Für die Zukunft steht eine Beschleunigung des Wachstums im Vordergrund.» Potenzial ortet er bei der Herstellung von Kaffeekapseln für Nespresso und in den Teilen für vorgefüllte Spritzen im Medizinalgüter-Bereich. Nespresso ist bereits heute der grösste Einzelkunde von Dätwyler.

Die Aktie legt an der Börse zu

Die Dätwyler-Aktie stieg nach Bekanntgabe der Zahlen von 2016 in der Anlegergunst, sie legte bis Börsenschluss um 1,32 Prozent zu. Der Verwaltungsrat schlägt vor, die Dividende je Aktie bei 2.20 Franken zu belassen. An der Generalversammlung vom 7. März soll Paul Hälg den heutigen Verwaltungsratspräsidenten Ulrich Graf ablösen.