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Pädosexuelle

Lebenslang heisst lebenslang

Ein lebenslanges Verbot soll tatsächlich lebenslang sein: Der Ständerat hat beschlossen, dass ein einmal verhängtes Verbot, mit Kindern oder Abhängigen zu arbeiten, nicht mehr aufgehoben werden kann.
Ständerat Andrea Caroni (FDP/AR) setzte sich gegen allzu viele Ausnahmen bei der Umsetzung der Pädophilen-Initiative zur Wehr. Diese müsse so "pfefferscharf wie bestellt" umgesetzt werden.
Bild: KEYSTONE/ANTHONY ANEX

Der Entscheid fiel am Montag bei der Umsetzung der Pädophilen-Initiative. Diese verlangt, dass Personen, die wegen Sexualdelikten an Kindern oder abhängigen Personen verurteilt wurden, nie mehr eine berufliche oder ehrenamtliche Tätigkeit mit Minderjährigen oder Abhängigen ausüben dürfen.

Über die Endgültigkeit eines solchen Verbots gab es im Ständerat unterschiedliche Ansichten. Der Bundesrat hatte vorgeschlagen, dass nur gegen klinisch pädophile Täter endgültige Tätigkeitsverbote verhängt werden dürfen. Andere sollten nach zehn Jahren überprüft werden können. Massnahmen sollten nur so lange aufrecht erhalten werden, wie es zur Erreichung eines Ziels nötig sei, sagte Justizministerin Simonetta Sommaruga.

Unterstützt wurde sie von der Linken: Der Titel der Initiative verlange, dass Pädophile nie mehr mit Kindern arbeiten dürften, sagte Robert Cramer (Grüne/GE). "Das ist es, was der Bundesrat vorschlägt." Wenn der Täter nicht pädophil sei, müsse das Tätigkeitsverbot überprüft werden können. Die Mehrheit des Ständerats war anderer Meinung: Die kleine Kammer sprach sich mit 28 zu 14 Stimmen gegen die Möglichkeit der Überprüfung aus.

Abgeschwächter Automatismus

Die Initiative enthält einen Automatismus, die Umstände des Einzelfalls sollen vom Richter nicht berücksichtigt werden dürfen. Weil das den Grundsatz der Verhältnismässigkeit verletzt, schlug der Bundesrat eine Härtefallklausel vor: In "besonders leichten Fällen" soll das Gericht ausnahmsweise darauf verzichten können, ein lebenslanges Tätigkeitsverbot auszusprechen.

Im Ständerat war das im Grundsatz nicht umstritten. Die Gegner der Härtefallklausel dürften auf den Nationalrat setzen, wo ein Streichungsantrag bessere Chancen hat. Gestritten wurde bloss über die Formulierung: Die Kommission hatte beantragt, dass Richter nicht nur in "besonders leichten", sondern in allen "leichten" Fällen Ausnahmen vom Automatismus machen können.

Andrea Caroni (FDP/AR) wehrte sich gegen die Aufweichung: Es gelte, die Initiative so "pfefferscharf wie bestellt" umzusetzen. Sommaruga setzte sich ebenfalls dafür ein, dass Richter tatsächlich nur bei Bagatelldelikten eine Ausnahme machen können. Der Rat folgte ihr 22 zu 19 Stimmen.

Als Beispiele für besonders leichte Fälle hatte der Bundesrat in der Botschaft den Austausch von Videos unter Jugendlichen oder anzügliches Verhalten im Beisein von Kindern genannt, vor allem aber die so genannte Jugendliebe. Diese hat der Ständerat in einer eigenen Bestimmung konkretisiert: Eine Ausnahme ist nur dann möglich, wenn der Täter höchstens 21 Jahre und das Opfer mindestens 14 Jahre alt ist und zwischen den beiden eine Liebesbeziehung bestand.

Kein Verbot bei Bagatellen

Die eine oder andere Lockerung fand im Ständerat dennoch eine Mehrheit. So sollen Übertretungen und Antragsdelikte nicht automatisch zu einem lebenslänglichen Tätigkeitsverbot führen: Der Ständerat strich Exhibitionismus und sexuelle Belästigung aus dem Katalog der Anlasstaten. Zudem beschloss er, dass Tätigkeiten mit Minderjährigen nur dann verboten werden, wenn die Straftat an einer unter 16-jährigen Person begangen worden ist.

Der Ständerat hat die Vorlage auch vereinfacht, indem statt drei nur noch zwei Arten von Tätigkeitsverboten vorgesehen sind: Eines verbietet Tätigkeiten mit Minderjährigen, ein weiteres dient dem Schutz von Erwachsenen. Der Bundesrat sah zusätzlich ein Verbot von Patientenkontakten vor.

In der Gesamtabstimmung nahm der Ständerat das Umsetzungsgesetz mit 26 zu 12 Stimmen bei 4 Enthaltungen an. Dieses geht nun an den Nationalrat. (sda)