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Gesundheit

Gesundheitskosten steigen mit Zahl der Ärzte

Die Steuerung der Zulassung von Ärztinnen und Ärzten ist nicht nur ein politischer Dauerbrenner, sondern hat konkrete Auswirkungen auf den Ärztebestand und die Kosten. Kurz gesagt: Je mehr Spezialisten praktizieren, desto stärker steigen die Pflegekosten.
Je mehr Ärztinnen und Ärzte zugelassen sind, desto stärker steigen die Kosten für die obligatorische Krankenpflegeversicherung. Dies zeigt eine Studie des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums Obsan. (Themenbild)
Bild: KEYSTONE/CHRISTIAN BEUTLER

Das zeigt eine am Dienstag veröffentlichte Studie des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums Obsan. Eine frühere Untersuchung der gleichen Studienautoren vor zwei Jahren hatte bereits gezeigt, dass nach dem Ende des Zulassungsstopps Ende 2011 eine starke Zunahme der Anzahl Spezialärztinnen und Spezialärzte verzeichnet wurde.

Kosten bei Spezialisten steigen stärker

Nun ist klar: Dieser Spezialärzte-Zuwachs hatte auch finanzielle Folgen. In der Spezialmedizin stiegen die Kosten zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) deutlich an - um 7,8 Prozent im Jahresdurchschnitt. Moderater erwies sich der Anstieg während des Zulassungsstopps (+3,6 Prozent) und nach Beginn der Übergangsregelung ab Mitte 2013 (+4,5 Prozent).

Im gesamten Beobachtungszeitraum nahmen die OKP-Kosten in der Spezialmedizin stärker zu als die Kosten der Kategorie "verschiedene Leistungserbringer". Besonders gross war der Unterschied nach Auslaufen des Zulassungsstopps. "Hier zeigt sich, dass der Kostenanstieg in diesem Zeitraum tatsächlich aussergewöhnlich war", schreiben die Studienautoren.

Ländliche Gebiete profitieren kaum

Gemäss der Untersuchung konsultierten seit dem Auslaufen der Zulassungsbeschränkung mehr Personen eine Ärztin oder einen Arzt. Auch hier waren besonders Spezialisten gefragt. Die Konsultationen stiegen um 3,3 Prozent im Jahresdurchschnitt im Zeitraum ohne Zulassungsstopp und um 2,6 Prozent während der Übergangsregelung.

Derweil wurde der Stadt-Land-Graben in der Ärzteversorgung durch die Aufhebung des Zulassungsstopps eher noch verstärkt. Neue Praxen wurden vorwiegend in städtischen Gebieten eröffnet, wie die Studie weiter zeigt. In ländlichen Gemeinden blieb die Ärztedichte zwischen 2010 und 2016 sowohl in der Spezialmedizin als auch in der Grundversorgung auf tiefem Niveau stabil.

Zehnmal höhere Arztdichte

Bei den Kantonen zeigen sich grosse Unterschiede. Im Dezember 2011, das heisst vor dem Ende des Zulassungsstopps, wiesen die Kantone Basel-Stadt und Genf die höchste Dichte an Spezialärztinnen und Spezialärzten auf. Sie war fast acht Mal höher als in den Kantonen Uri und Obwalden.

Ende 2016 fand zwischen den Kantonen keine Angleichung der Spezialärztedichte statt. Im Gegenteil, die Unterschiede haben sich noch vergrössert. Im Kanton Basel-Stadt ist die Spezialärzte-Dichte zehnmal höher als im Kanton Uri.

Umstrittenes Thema

Die Publikation des Obsan erfolgt in einer Zeit, in der die Diskussionen um die Zukunft einer Zulassungsbeschränkung laufen. Der Bundesrat will die auf Mitte 2019 befristete Regelung nahtlos durch eine unbefristete, griffigere Lösung ersetzen.

Das Ziel: Zugelassene Ärztinnen und Ärzte sollen auch in Zukunft mit allen Krankenkassen abrechnen dürfen. Dafür müssen sie aber höhere Anforderungen erfüllen.

Ende 2015 hatte es das Parlament abgelehnt, das geltende Regime definitiv ins Gesetz aufzunehmen. Die rechtsbürgerlichen Parteien möchten das Problem mit der Aufhebung des Vertragszwangs lösen oder mit Tarifen, die je nach Versorgungssituation differenziert sind. Der Bundesrat jedoch ist überzeugt, dass eine solche Lösung beim Volk keine Mehrheit finden würde. (sda)